Die ersten Jahre…

Die Geschichte einer deutschen Rock’n’Roll Band

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Rumble auf Discogs

Einleitung

Rumble On The Beach – Dreißig Jahre nach dem ersten Auftritt stellt sich eine pulsierende Subkultur die Frage, was aus Rumble On The Beach geworden ist. Im Zuge der 80er Jahre-Nostalgie haben sich in den letzten Jahren viele Bands wieder zusammengetan. Aber weit gefehlt bei ROTB! Man spricht zwar von einer “Reunion“, aber genau genommen hat sich die Band nie aufgelöst. Sie hatte lediglich aufgehört, zu agieren. Die Gründe hierfür liegen in den persönlichen Bereichen der einzelnen Band-Mitglieder, die letztlich dazu führten, dass ein aufwendiges Tourneeleben dann nicht mehr möglich war. Dennoch war allen klar, dass Rumble irgendwann wieder reaktiviert wird. 

Ohlly
Ohlly

Anfang des Jahres 2015

trafen wir uns, Michael ‚Ohlly‘ Ohlhoff (Gitarrist und Sänger) und ich (Marc Mittelacher – Drums und Gesang), auf einer privaten Party mit Live Musik und wir spielten ein paar alte Songs gemeinsam aus dem Stehgreif. Wir waren mit so viel Spaß dabei, dass wir ab dem Zeitpunkt keine Zeit mehr verlieren wollten. Bassist Andreas ‚Andy‘ Merck kam mit Freuden wieder dazu – ergo, “Rumble is back on the Beach“ in Originalbesetzung.

Zu dieser “Reunion“ kommt hiermit der erste Teil, die frühen Jahre, aus der Schaffenszeit der Band Rumble On The Beach.

Die Anfänge

Rumble wurde Mitte Mai 1985, in Bremen, Deutschland, gegründet, nachdem Andy, Ohlly und ich die Rockabilly Band Randy Rebels verlassen hatten um zu neuen Ufern aufzubrechen. Mit Andy hatte ich bereits seit Ende 1983 in der ersten Besetzung der Randy Rebels gespielt, zu der Ohlly ab Mitte Juli 1984 als Rhythmus-Gitarrist hinzu kam. Ohlly brachte viel Innovation in die Band, die mit Andys und meinen Ideen zusammenpasste, so dass schnell klar wurde, dass da eine Entwicklung in Gang gekommen war, die zwangsläufig zur Gründung einer neuen Band führen musste, zumal das auch der Puls der Zeit war.

Neo-Rockabilly und die frühen Psychobilly Bands

hatten natürlich zusätzliche Einflüsse auf jeden von uns. Torsten Gluschke, der Kopf der Randy Rebels (heute Sänger und Gitarrist bei Wild Black Jets), führte die Band in der zweiten Besetzung weiter, während wir mit einer noch namenlosen neuen Band unsere Ideen umzusetzen versuchten. Das war nicht einfach, denn wir kamen, obwohl wir bei Randy Rebels einen eher traditionellen Sound “gefahren“ hatten, aus unterschiedlichen musikalischen Ecken und es galt, die gemeinsamen Schnittpunkte zu finden. Dabei stand uns die Kreativität anfänglich etwas im Wege, denn jeder “sprühte“ vor Ideen und Aktionismus, die aber in kurzer Zeit und in der Fülle nicht umsetzbar waren. Das sollte erst auf längere Sicht klappen, aber das wussten wir damals noch nicht.

Wir holten noch einen vierten Mann ins “Boot“, Gitarrist Udo Kuhlmann.

Das “Chaos“ war jetzt perfekt. 

Udo kam aus der Neo-Rockabilly Ecke und hatte bei den Crash Caps aus Oldenburg gespielt. Er hatte etwas

Marc
Marc

entfernte Ähnlichkeit mit dem Tennis-Ass Boris Becker und wurde daher vielfach auch so genannt. Andy Mercks Einflüsse kamen damals sowohl aus dem Rockabilly, als auch aus dem Bereich des New Wave. Depeche Mode bis Restless könnte man sagen. Ohlly kam aus der Ecke des Punk Rock. Er spielte zuvor u.a. bei den Bremer Punk-Formationen Rückkopplung und New Hearts. Als alter Elvis-Fan kam ich dementsprechend aus eher traditionelleren Stilrichtungen, Rock’n’Roll, Blues, Jazz. Unser aller Schnittpunkt lag zu dem Zeitpunkt also ungefähr bei den Stray Cats und Link Wray, dabei war sehr viel Raum für Kreativität. Auf deutsch gesagt, machten wir einfach, worauf wir “Bock“ hatten. Und so entwickelte sich über einige Monate der Rumble-eigene Mix aus verschiedenen Musikstilen, mit deutlichen Anteilen traditioneller Musik, also Country, Blues, Jazz und Rock’n’Roll.

Der Name

Jetzt brauchte das “Chaos“ also nur noch einen Namen. Da die meisten Bands im Groß-Bereich Rock’n’Roll Mitte der 80er Jahre irgendwas mit “Cats“ im Namen hatten, oder sowas wie etwa “Harry & The Midnight Rockers“, war schon klar, dass wir was Spezielles wollten. Der Name ist das Aushängeschild einer Band. Wir hatten viel Fun, die Musik war hart und schnell – das sollte der Name ausdrücken. Auf Ohllys Dachterrasse kamen wir auf Rumble On The BeachRumble als Ausdruck der Härte in Musik und Musiker-Leben und Beach für den Spaß dabei. Erst später wurde uns bewusst, dass das auch eine Phrase des Refrains in dem Stray Cats Song “Rumble In Brighton“ ist.

Stray Cats

Ur-komisch war die Begebenheit, als Brian Setzer das auf der gemeinsamen Stray Cats-Rumble On The Beach Tour 1990 beim ersten Konzert auch bemerkte. Er schaute kurz in Richtung Backstage, als er den Refrain sang, um diesen dann, zusammen mit Slim Jim Phantom, grinsend extra zu betonen.

Erstes Konzert

Es dauerte noch 2 Monate und ein erstes Konzert wurde im Juli 1985 im Kulturzentrum Schlachthof, Bremen, im Rahmen eines “School’s Out Party-Festivals“, passend zum Beginn der Sommerferien, absolviert. Das Konzert verlief noch recht chaotisch. Dennoch wurden die Live Aufnahmen des Gigs als erstes Demo verwendet, lassen aber den späteren Rumble-typischen Sound bereits erkennen, obwohl noch ca. 80 Prozent der gespielten Songs Cover-Versionen waren.

Bei diesem ersten Konzert wurde dem Publikum eine Version des Titels “Purple Rain“ von Prince & The Revolution präsentiert. Das Publikum wirkte in den ersten Minuten bis zum Refrain-Beginn eher schockiert. Das erinnerte stark an die Gitarren-Szene aus dem Film “Zurück in die Zukunft“.

Andy
Andy

Diese abgewandelte “Purple Rain“ Version sollte einige Furore machen. Selbst noch 2007 brachte Be Be’s Records die Rumble-Version auf einer Rockabilly-meets-Pop Zusammenstellung mit Bands der 80er Jahre limitiert auf Vinyl und CD erneut heraus.

Purlpe-Rain

Die Rumble-Version von “Purple Rain“ entstand innerhalb von ein paar Minuten aus einer Laune heraus. Bei einer Probe Session im ehemaligen Luftschutzkeller einer alten ex-Feuerwache (ein Teil des Gebäudes wurde damals als Fundamt genutzt), direkt unter der Etage, in der Ohlly mit seiner Wohngemeinschaft residierte, im berühmtesten Viertel Bremens, daddelten wir alle etwas lustlos auf unseren Instrumenten herum. Die übliche Proben-Stimmung wollte nicht so recht aufkommen. Vor lauter Langeweile begann Andy auf dem Bass damals aktuelle Pop Songs anzustimmen. Als Andy dann bei “Purple Rain“ angekommen war, riss‘ mir die Geduld und ich spielte den Refrain auf dem Schlagzeug dann einfach im ‚Billy-Rhythmus. Währenddessen guckten wir uns alle völlig verdutzt an – wir wussten, das war es!

Nach diesem ersten, etwas schrägen Konzert

verschwanden wir noch mal für ein paar Monate im Proberaum und feilten weiter an unserem Sound und an unserer Identität als Band. Ab Ende November 1985 folgten dann weitere Gigs in Erlangen und Bad Hersfeld. Jetzt stellte sich die Frage nach einer Tour-Agentur und der Veröffentlichung eines Tonträgers. Und wie es im Musikgeschäft häufig vorkommt, muss man zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein und Chancen wahrnehmen. Ohlly hatte über seine Aktivitäten bei ‚Change Music‘, einer alternativen Independent Musikerinitiative, sowie in seiner Funktion im Vorstand des Kulturzentrums Schlachthof, den Weser-Label Chef und Kopf der Mimmi’s (siehe auch Bear Familys NDW Serie Vol.1, BCD17371 & Vol.3, BCD17373), Claus Fabian kennengelernt. 

Weserlabel

Das Weser-Label ist eine kleine Bremer Plattenfirma, die bereits in der ersten Hälfte der 1980er Jahre erfolgreich auf dem Independent Markt “mitmischte“. Das Label des gebürtigen Düsseldorfers Claus Fabian, genannt Fabsi, stand in erster Linie für Fun-Punk, hatte jedoch auch Bands aus anderen Bereichen unter Vertrag, wie etwa die Panhandle Alks (Rockabilly) und Rocko Schamoni (damals Schlager-Kabarett und Comedy Act). Fabsi hatte Erfahrung im Musikgeschäft. Er rief bereits Jahre zuvor mit Andreas “Campino“ Frege (Die Toten Hosen) und Ralf “Isi“ Isbert (Panhandle Alks) die Düsseldorfer Punk-Band ZK ins Leben. Die Aufbruchstimmung, die Mitte der 80er Jahre im Land herrschte, kam dem Weser-Label zugute und Fabsi traf mit seinen Veröffentlichungen politisch-kulturell den Zahn der Zeit. 

12339420_719628764839323_665031896225494533_oEs war spannend 1985.

Rockabilly und Rock’n’Roll erlebte eine nie dagewesene Renaissance mit Shakin‘ Stevens, Matchbox, The Jets und Stray Cats in den Charts, der Psychobilly kam auf und musikalisch schien alles möglich, während auf der politischen Bühne offenbar nicht viel möglich war. Der Mauerfall lag noch in weiter Ferne, Michail Gorbatschow war gerade erst Chef der KPdSU geworden. Ronald Reagan war U.S. Präsident und Helmut Kohl Bundeskanzler. Die DDR vergrößerte ihr See-Territorium und es kam zum größten Ost-West Agentenaustausch der Geschichte auf der Glienicker Brücke. Bei Berlin Konzerten wurden wir an der innerdeutschen Grenze eisenhart kontrolliert, teilweise mit Spürhunden unterm Fahrzeug, und dabei fast einmal wieder zurück geschickt. 

40 Jahre Kriegsende wurde auch gefeiert

, während bei Heilbronn die Treibstufe einer Pershing II Rakete explodierte. Im Nahen Osten hat es auch damals schon gewaltig gekracht. Und es gab Bombenanschläge zeitgleich an den Flughäfen von Wien und Rom und zuvor in Frankfurt am Main. Der französische Geheimdienst versenkte das Greenpeace Schiff “Rainbow Warrior“, während Robert Ballard die “Titanic“ in den Tiefen des Atlantik lokalisierte. Der Glykolwein-Skandal nahm seinen Lauf, Wein mit Frostschutzmitteln gepanscht, während allgemein das Umweltbewusstsein zu steigen schien. Dann war da noch die Krankheit AIDS, an der 1985 auch der Filmschauspieler Rock Hudson starb. Computer und das Internet waren noch militärische Geheimwaffe und das Handy auch noch nicht der breiten Masse zugänglich. Wir begnügten uns also mit Telefonzellen und Fotokopierern. Vor diesem politisch-gesellschaftlichen Hintergrund trieben wir das Projekt Rumble On The Beach voran.

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Rumble On The Beach

Fabsi hatte uns angehört und für gut befunden.

Nachdem die Formalitäten geklärt waren, gehörten wir zum “Stall“ des Weser-Labels. Auftakt bildete eine Silvester Show im Bremer Kulturzentrum Schlachthof. Es war zugleich auch eine Show im Rahmen der ersten “We Are The Champions-Tour“ des Weser-Labels und wir durften nun beim Gig in Bremen die Gast-Band sein. Außerdem waren neben den Mimmi’s auch Die Goldenen Zitronen (Fun-Punk) und Stunde X (60s Garagen-Punk) mit dabei. Es wurde bis zum Morgengrauen gerockt und gefeiert. Neben dem Kater, hatte ich danach das gute Gefühl, als Band ein Stück weiter zu sein.

Die ersten Aufnahmen

Nun ging alles sehr schnell. Mit einer Plattenfirma “im Rücken“, machten wir “Nägel mit Köpfen“. Bereits Anfang Februar 1986 stürmten wir in das Aufnahmestudio von Jörg Siemer in Bremen und nahmen innerhalb von drei Tagen fünf Songs auf, teilweise in verschiedenen Versionen. Natürlich war auch “Purple Rain“ dabei, das als A-Seite auf einer 7“ EP (Extended Play in Vinyl Single Größe), mit den eigenen Songs “You Told Me“ und “Amsterdam“ gekoppelt, veröffentlicht werden sollte. Jörg Siemer war also konfrontiert mit einer Horde Leder-bekleideter Rocker, die ungestüm sein Studio bevölkerte. 

In seiner gemütlichen Art und mit seiner Erfahrung gab er uns nebenbei Tips und Tricks und wir versuchten unsere Ungeduld außerhalb des Studios zu lassen. Es wurde konzentriert gearbeitet. Einzelne Takes wurden bis kurz vor Exitus wiederholt, bis sie endlich saßen. Zur Background-Chor Unterstützung bei “Purple Rain“ kam eine weibliche Stimme zu uns ins Studio. Es war Efa Schütte, Sängerin der Bremer Formation Rescue Party und damals Moderatorin und Redakteurin bei Radio Bremen, zudem Mitbewohnerin in Ohllys WG, zusammen mit Lothar Bienkowski vom “Bremer Blatt“.

Juanita

Ein weiterer eigener Song war aufgenommen worden, mit einem weiteren Gast-Musiker: “Juanita“, ein Latino-Country Song, erschien zwar erst später, nämlich auf der ersten LP “Rumble Rat“, wurde aber bereits Anfang Februar aufgenommen und die Bremer Jazz-Legende Uli Beckerhoff unterstützte uns mit einem grandiosen Latino Jazz/Mariachi artigen Trompeten Solo, dass uns vor Freude buchstäblich die Ohren wegflogen. In Live-Konzerten sollte “Juanita“ innerhalb der Setliste einen festen Platz bekommen und wurde bald zu einem “heimlichen“ Hit.

Rumble-on-the-beach-221986 hatte für uns sehr spannend begonnen, obgleich unser Tun in der ersten Jahreshälfte von Katastrophen in der Welt begleitet wurde. Im Januar explodierte die Raumfähre “Challenger“ und 7 Astronauten starben. Im April begann die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, die bedrohliche Ausmaße annahm, als die Strahlung nach Europa zog. Viele Lebensmittel waren nicht mehr verzehrbar, weil verstrahlt. Allem voran Pilze jeglicher Art. Veranstalter “versorgten“ uns gerne mit billiger Pizza, die man wunderbar an die Wand kleben konnte und: es waren fast immer Pilze drauf. Wir änderten kurzerhand die Verträge, so dass wir fortan selten bis gar nicht mit Fastfood konfrontiert wurden. 

Die Zusammenarbeit zwischen Rumble On The Beach und dem Weser-Label war sehr fruchtbar. Es war alles gut durchdacht und die Planung lief auf Hochtouren. 

Erstes Vinyl

Mitte März 1986 kam die erste Auflage der EP mit dem Titel “Silly Billy“ auf den Markt. Eine 500er Auflage in blauem Vinyl, eingetütet in eine bedruckte Klarsichthülle. Heute ein gesuchtes Sammlerstück. Passend dazu gingen wir, nach einem “Aufwärm“-Konzert in der Mensa der Bremer Hochschule für Technik, am 22. März auf Tournee. Tournee-Auftakt war im “Okie Dokie“ in Neuss, zusammen mit den Label Kollegen Panhandle Alks, und der erste Tournee-Teil endete mit einem 3-Tage Engagement im “Clip“ in Bremen am 17.-19. April, mit einer Live-Übertragung von Radio Bremen. 

Für diese drei Gigs in Bremen mussten wir kurzfristig umdisponieren, da Udo Kuhlmann die Band verließ und Ohlly nun die gesamte Gitarrenarbeit alleine bewerkstelligen musste. Tournee-Leben ist anstrengender, als wir damals dachten. Eine Tournee ist keine Klassenfahrt. Das wurde uns schnell bewusst. Jeder Handgriff musste sitzen, jeder hatte seine festen Aufgaben. Der gesamte Aufbau, einschließlich des Merchandise Standes (T-Shirts, Platten, Sticker etc.), das Stimmen und Reparieren der Instrumente und der Technik,der anschließende Soundcheck, Absprachen und Regelungen vor Ort, all das musste diszipliniert ablaufen und in der Regel auch noch gegen die Uhr. 

Lampenfieber

Dabei muss man lernen, mit den eigenen Kräften zu haushalten und das “Lampenfieber“ im Griff zu haben. Das hält nicht jeder ohne Weiteres aus. Udo Kuhlmann verließ im Anschluss an die erste Tournee in beiderseitigem Einvernehmen die Band, da er sich für ein Tourneeleben nicht geschaffen fühlte. Die Tournee-Mitte, also das “Bergfest“, brachte mir eine satte Sehnenscheidenentzündung ein, die zum Glück meinen “Tour-Koller“, wie wir das Abschlaffen in der Mitte einer Tournee nannten, verhinderte. Ich war mit den Handgelenken viel zu sehr beschäftigt, die tagsüber mit viel Salbe verbunden waren und nur zu den Konzerten entbunden wurden. 

Mit uns auf Tournee war, neben Fabsi als Tour-Manager, Michael Beckmann

. Beckmann wurde grundsätzlich nur mit seinem Nachnamen angeredet. Als hätte er keinen Vornamen. Er war unser Soundmann. Er machte super Sound und “versorgte“ mich nebenbei zu den Gigs mit “Krankenschwestern“, die meine Handgelenke einwickelten. Beckmann war damals Bassist/Gitarrist und Mitglied der Suurbiers, deren Hit “Möpse“ auch auf dem Soundtrack zu dem Film “Manta, Manta“ zu hören ist. Später sollte er es mit den Rainbirds und dem Song “Blue Print“ bis in die vorderen Hitparaden-Plätze schaffen.

Radio Bremen

Rumble-on-the-beach-23Nach einer 5-tägigen Auszeit, wurde ab dem 26. April in Kappeln, die Tournee bis Mitte/Ende Juli fortgesetzt. Im Juni gab es noch einen TV Auftritt bei Radio Bremen, mit “Purple Rain“. Die Sendung hieß “Buten un‘ Binnen up’n Swutsch“ und im Laufe der Jahre, in denen diese Sendung produziert und ausgestrahlt wurde, sollten wir zum Rekordhalter in Bezug auf die Anzahl der Auftritte werden. Keine Band trat dort öfter auf, als wir. Der Regisseur Jörg Sonntag wurde für uns ein Mentor, ein großer Fan und ein Freund. 

Auch bei Radio Bremen, diesmal “unserer“ örtlichen Radiostation, war “Purple Rain“ bereits auf die “Playlist“ gekommen und wurde täglich mehrfach gespielt.Zudem erhielten wir regelmäßig Interview Termine von Bremen 4 Chef Wolfgang Hagen, denn alle nahmen Anteil an der Entwicklung der Band. Die Tourneen waren derart erfolgreich, dass immer noch weitere Gigs hinzukamen. Bis Jahresende hatten wir 63 Konzerte in der gesamten Bundesrepublik und der Schweiz gespielt.

Die Konzerte waren sehr unterschiedlich besucht.

Es gab Konzerte mit über 1000 Menschen und auch eins mit nur 6 zahlenden Gästen. Letzteres war in einem Ort namens Hain. Wir spielten in einem Gasthaus mit dem Namen “Schwarzer Adler“, der zu unserem Erstaunen von ein paar Hippies betrieben wurde. Von den 6 Gästen kauften 5 je eine EP! Danach schliefen wir auf der Bühne. 

“Das ist Rock’n’Roll, da muss man durch!“

– war unser selbst geprägter “Durchhalteschlager“. Unabhängig von der Größenordnung des Publikums, gab es durchweg positive Publikumsreaktionen. Tournee-Highlight war auch die Zusammenarbeit mit anderen Bands, insbesondere auf Festivals. Im Juni ’86 das Psychobilly Festival in Nordhorn mit Sunny Domestosz und The Waltons, oder das Open Air Festival Bad Hersfeld im Mai 1986. Wir spielten nach den Rodgau Monotones und vor den Krautrockern Jane. Viele Rockabilly Bands waren ’86 bei Gigs dabei, wie auch Musiker aus allgemeinen Rock und Pop Bereichen. Das Catfish TrioX-Ray Rabbits, die Suurbiers, Purple Schultz und als Weihnachtsgäste in Düsseldorf am 25. Dezember die Toten Hosen.

Auf diesen ersten Tourneen haben wir uns unsere Sporen verdient und dabei unglaublich viel gelernt. Fabsi und Beckmann waren eine großartige Unterstützung, zusammen mit unserem Roadie und ständigen Begleiter, Hermann Murken. Hermann ging mit uns durch dick und dünn! Wurde etwas benötigt, Hermann hatte es oder konnte es besorgen.

LP Rumble Rat

Im September 1986 waren wir erneut im Studio von Jörg Siemer, um weitere Titel einzuspielen, die auf der lang ersehnten ersten LP “Rumble Rat“ veröffentlicht werden sollten. In 6 Tagen wurden 11 Titel aufgenommen. Davon erschien der Song “Johnny Cry And Die“ auf einer EP mit weißem Vinyl, die unter dem Titel “We Are The Champions“ als “Various Artists“, zusammen mit den Label-Kolleginnen und Kollegen zur gleichnamigen Paket-Tournee, veröffentlicht wurde.

Zur Jahreswende 1986/1987

startete die vom Weser-Label arrangierte “We Are The Champions-Tour II“. Rumble-on-the-beach-17Eine 14 Städte Tournee zu Deutschlands Großstädten. Mit dabei diesmal: Fabsis Bad Ladies & Wild Lovers, Rocko Schamoni, die Panhandle Alks, die Goldenen Zitronen und Rumble On The Beach.

Es war eine grandiose Party-Tour mit 20 wild gewordenen Rock’n’Rollern in einem riesigen Nightliner Tour-Bus, die die deutsche Indie-Szene auf den Kopf stellte. Kein Musikmagazin, keine Radiostation kam mehr an diesem Tour-Paket vorbei. Vor jedem Konzert-Ende gab es ein großes Finale. Alle Bands standen gemeinsam auf der Bühne und sangen/spielten die Hymne der Toten Hosen, “Bis zum bitteren Ende“. Das Publikum sang mit!

Silvester & Krankenhaus

Es gab allerdings auch ein Konzert, das den Total-Ausfall nicht nur innerhalb dieser Tournee darstellt. Das Konzert sollte im Freizeitheim West in Dortmund stattfinden. Ausgerechnet zur Mitte der Tournee, am 31. Dezember 1986, also Silvester und “Bergfest“. Nachdem alle Bands vom Essen zurück waren und sich Bühnen-fertig machen wollten, entdeckten wir die Lage: Bis auf vereinzelte Menschen, war der ganze Saal gefüllt mit rechtsradikalen Skinheads. 

Da wir einen Vertrag mit dem Veranstalter hatten, spielten wir erst mal, mussten den Gig aber bereits beim dritten Song abbrechen, da die Situation eskalierte. Ohlly versuchte mit einem Hechtsprung von der Bühne und fliegenden Fäusten ein Mädchen und ihren Begleiter vor dem Nazi-Mob zu schützen, während der Rest das Equipment und die Technik, sowie den Backstage Bereich abschirmte. 

Da die Rechten versuchten, uns mit Gaspistolen zu beschießen

, mussten wir uns schließlich im Backstage verbarrikadieren, Schlüssellöcher und Tür-Ritzen mit Tüchern zustopfen. Da der braune Mob nun nicht mehr an uns heran kam, ging derweil die Schlacht draußen weiter. Der LKW, der die große PA-Anlage transportierte, wurde mit Silvesterraketen beschossen. Ein Taxi wurde auseinander genommen und der Fahrer verprügelt. Noch bevor die Polizei eintraf, waren nahezu alle Taxifahrer Dortmunds vor Ort und die Neo-Nazis zogen sich zurück. Wie immer, wenn die Übermacht zu groß wird.

Ohlly spielte den Rest der Tournee mit angebrochener Hand.

Trotz alledem ist das Fazit: Die Tournee war ein voller Erfolg und brachte allen beteiligten Bands eine Menge Aufmerksamkeit bei Publikum und Medien ein. 

Das Jahr 1987 hatte für uns gut begonnen und sollte sich noch um Einiges steigern.

Im Februar ’87 kam endlich die LP “Rumble Rat“ auf dem Weser-Label, mit Vertrieb bei EFA, heraus. Enthalten war u.a. eine lange Version von “Purple Rain“, mit einem Gitarrensolo gespielt von Rolf Kirschbaum als Gastmusiker speziell zu diesem Titel.

Indie Charts Platz 7

Rumble-on-the-beach-18Das Album machte Furore. Es stieg in den deutschen Independent Album Charts bis auf Platz 7. Die kurioseste Nachricht zu dem Album erreichte uns damals aus England. Einige Engländer hatten Songs aus unserem Album über einen britischen Piratensender gehört und wollten diese nun bestellen. Es stellte sich später heraus, dass dieser Sender auf einem Schiff installiert war und damals von dem Chef von Nervous Records, Rockin‘ Roy Williams, betrieben wurde. Der hatte unsere Platte über irgendwelche Vertriebswege erhalten und sie gespielt. Nervous Records war in den 80er Jahren DAS Label für Neo-Rockabilly und frühen Psychobilly.

1987 promoteten wir unser Album

, gaben weiterhin viele Konzerte und unser Terminkalender wurde zusehends voller mit Zeitungsinterviews, Radio und Fernsehen. Zu den Highlights des Jahres 1987 zählen eine Radio Bremen Live- Übertragung eines gesamten Konzertes aus dem ausverkauften “Modernes“ in Bremen. Sowie ein weiterer Fernseh-Auftritt bei Radio Bremen TV, beides im März. Im Mai das legendäre Konzert im “Break Out“, im Nordteil Bremens. Das Lilienthaler Open Air Festival “Haste Töne“, mit Phillip Boa & The Voodoo Club und den Ballroom Stompers im Juni.

Götz Alsmann

August und September ’87 sah uns in jeweils einer TV Show beim WDR in Köln mit Götz Alsmann. Und nicht zu vergessen: Anfang September, 5 Tage IFA, Internationale Funkausstellung in Berlin. 5 Tage “Klinken putzen“. Gerade angekommen, begegneten uns zwischen den Messezelten die Tänzerinnen von Chaka Khan, die uns mit den Worten, “Cool, cool cats in a cool, cool town!“, begrüßten. Wir konnten u.a. in einer TV Sendung des SFB, Sender Freies Berlin, mit einer Live Übertragung von der IFA, zusammen mit Wolfgang Fierek und Tony Marshall auftreten. Was für eine Kombination! Wolfgang Fierek wollte mir dann meine Lederjacke abkaufen. Als er sie nicht bekam, wollte er mich mit einer Autogrammkarte bestechen. Die Lederjacke hängt noch in meinem Schrank und die Autogrammkarte ist auch noch da… 

Ausgedehnte Tourneen führten uns auch 1987 wieder bis in den tiefsten Süden Deutschlands. 

Die Bravo

Es wurde allmählich normal und freute uns, öfter mal angestarrt, oder auf der Straße erkannt zu werden. Das ist zwangsläufig ein Automatismus, wenn man sich als Musiker öffentlich macht. Und je mehr in Zeitungen und Magazinen geschrieben wird, je mehr Radio Interviews man gibt, desto mehr passiert auch privat. Das steigerte sich nochmal, als das berühmteste deutsche Teenager-Magazin, die “Bravo“, eine halb-seitige Bandvorstellung mit Photos über Rumble On The Beach, im Zuge ihrer Serien-Berichte über Deutschlands erfolgreichste Independent-Bands, kurz vor Weihnachten 1987 herausbrachte. Ich erinnere mich, dass ich kurz danach, bepackt mit Einkaufstaschen in der Bremer Fußgängerzone stand, umringt von zumeist weiblichen Teenagern, und Autogramme in deren “Bravo“ Hefte gab. Wahrscheinlich kannte niemand wirklich die Musik, aber alleine schon in dem Heft zu sein, reichte offenbar aus.

1987 hatten wir erneut das Problem

, dass rechtsradikale Skinheads uns auserkoren zu haben schienen. Dieses Mal war es in Mannheim. Der Laden hieß “Linie“. Etwa 50% des Publikums waren unsere wirklichen Fans und gehörten nicht zum braunen Mob, also spielten wir. Die Bühne war umringt von kräftiger Security. Der Konzertveranstalter hatte schon Erfahrung. Es passierte also nichts Dramatisches, aber die Stimmung litt.

Wir Rumbles haben damals dieses Problem diskutiert und Konsequenzen gezogen.

Free Eagles MC

Wir wurden alsbald Hausband des Free Eagles MC, Chapter Bremen-Delmenhorst, die unsere Konzerte fortan dezent bewachten, bzw. uns unterstützten, wo es notwendig war. Durchaus auch mit Hilfe der anderen Chapter in Deutschland, bzw. befreundeter Clubs. Diese Freundschaft hält, Biker-getreu, bis heute an!

Anders, als beim rechtsradikal verseuchten Silvester 1986, spielten wir Silvester 1987 in unserer Heimat Bremen und konnten endlich mal ungestört feiern. Mit 1988 kam das Jahr 3 nach Gründung von Rumble On The Beach. Unsere erste Aktion in dem Jahr war Studioarbeit. Der gesamte Januar war in Jörg Siemers Sound Service gebucht und wir nahmen die Tracks für eine sogenannte Mini-LP auf. 

Mini-LPs waren damals sehr populär. 

In der Größe einer regulären LP, enthielten Mini-LPs zwischen 5 und 8 Songs, also weniger, als auf herkömmlichen Langspielplatten und waren somit kostengünstiger zu erwerben. 6 neue Songs wurden eingespielt, darunter 3 eigene Titel. Als Cover Versionen hatten wir “Time Warp“ aus der “Rocky Horror Picture Show“, Plastic Bertrands “Ca Plane Pour Moi“ und als absolutes Muss das Instrumental von 1958, “Rumble“ von Link Wray, ausgewählt. Zusätzlich enthielt die Mini-LP mit “Johnny Cry And Die“ einen Bonus Track. Der zuvor lediglich auf der “We Are The Champions“ EP 1986 veröffentlicht worden war. Wir entwarfen also eine klassische Mini-LP mit insgesamt 7 Songs.

Zu den Sessions kamen zwei Gastmusiker hinzu.

Zum einen hatten wir den Country Fiddler Wolfram “Ed“ Csupkay dabei, der uns bei dem Country Rock Song “Nashville Girl“ unterstützte. Sowie Andreas Proff, der alle Sorten von Saxophonen, sowie Piano spielt. Andreas Proff und ich kannten uns aus alten Schultagen und nachdem ich ihn mit der Band zusammenbrachte, mauserte er sich zum ständigen Gastmusiker. Das war keine Selbstverständlichkeit, sondern harte Arbeit. Andreas kam vom Jazz und musste sich erst mal mit dem “harten Rumble-Brett“ “aklimatisieren“. Er sollte noch eine Menge Abenteuer mit uns bestehen. 

Die Rumbles und Berlin

Da Fabsi und das Weser-Label mit dem kometenhaften Aufstieg der Goldenen Zitronen voll beschäftigt war, entschlossen wir uns, dem Drängen einer anderen Plattenfirma nachzugeben. Wir fuhren nach Berlin, lernten die Leute des neuen Labels kennen und machten mit Ingrid Maye in Berlin ausgedehnte Photo Shootings. Die Platte erschien also 1988 unter dem schlichten Titel “Rumble“ bei dem Berliner Label Vielklang. Zeitgleich wurde ebenfalls auf Vielklang unsere erste CD – Compact Disc unter demselben Titel herausgegeben. Die CD enthielt die neuen Songs der Mini-LP, sowie die komplette “Rumble Rat“ LP von 1987. Wir waren guter Dinge Vielklang betreffend, denn das Label hatte immerhin so Größen, wie Nina Hagen unter Vertrag.

 

Aber eine neue Plattenfirma war längst nicht unsere einzige “Baustelle“ 1988.

Wir hatten Kontakte nach Übersee geknüpft. Genauer gesagt nach Canada. Wir erhielten eine Einladung, am 29. September auf dem “International Festival of Independent Music“ in Toronto zu spielen. Nachdem wir wieder eine Reihe von Gigs in Deutschland gespielt hatten, darunter auch das große Bremer Stadtfest, mit den Mushroams und Suzi Quatro vor nahezu 10000 Zuschauern, fühlten wir uns fit für das Abenteuer. Es waren längst nicht alle Acts des Festivals wirklich “independent“, dennoch war es ein interessantes Line-Up,

mit Musikern, wie Chris Spedding und Bo Diddley.

Zu unserem Erstaunen stammten die Bands alle aus Canada und den U.S.A. Nur wir kamen aus Deutschland und so möchte man sagen, haben Rumble On The Beach das Festival genau genommen erst international gemacht. Es sollten noch weitere Abenteuer, Konzerte und Kontakte in Canada folgen. Andreas Proff, der das Abenteuer Canada mit getragen hatte, schrieb nach unserer Rückkehr einen Bericht, der im Stadtmagazin “Bremer Blatt“, heute bekannt als “Bremer“, abgedruckt wurde: 

Marc Mittelacher im September 2015

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